Autor*in: Nicole Restle
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Roxana Wisniewska | Bild: Stefan Höderath

Im Juni haben die Geiger*innen Roxana Wisniewska, Harry Ward und Eva Rabchevska ihre Probezeit bestanden und wurden damit ganz offiziell Mitglieder der Berliner Philharmoniker. Hier stellen wir Ihnen die Musiker*innen ein bisschen näher vor. 

Roxana Wisniewska 

Für Roxana Wisniewska war es ein überwältigender Moment, als sie von ihrer bestandenen Probezeit erfuhr: »Allein zu wissen, dass nun 40 Jahre Berufsleben in diesem Orchester auf mich warten, erfüllt mich mit Stolz. Es ist eine Ehre und ein unermessliches Glück.« Die Spanierin mit polnischen Wurzeln stammt aus einer Familie, die in vierter Generation professionell Musik macht. Schon früh erlebte sie die Leidenschaft ihrer Geige spielenden Eltern für den Beruf. So lag es auch für sie nahe, das Violinspiel zu erlernen. Vor allem auch, weil sie an diesem Instrument die große Palette an Farben und Nuancen liebt. Den ersten Unterricht erhielt sie vom Großvater und der Mutter, mit der sie als 14-Jährige erstmals solistisch öffentlich auftrat. Später studierte sie in Madrid am Centro Superior Katarina Gurska bei Zohrab Tadevosyan, an der Escuela Superior de Música Reina Sofía bei Ana Chumachenco und an der Dresdner Hochschule für Musik bei Natalia Prischepenko. 

Die notwendigen Erfahrungen für die Laufbahn einer Orchestermusikerin sammelte sie als Mitglied des Gustav Mahler Jugendorchesters sowie als Akademistin der Staatskapelle Berlin und als Stipendiatin der Karajan-Akademie der Berliner Philharmoniker. Im März 2023 schaffte Roxana Wisniewska den Sprung von der Karajan-Akademie in die Gruppe der Ersten Violinen. Die Probezeit bei den Berliner Philharmonikern empfand sie herausfordernd und bereichernd zugleich. Herausfordernd, weil die Probezeit im Gegensatz zu anderen Orchestern länger ist. »Das erhöht die Intensität und den Druck. Ich brauchte wirklich ein großes mentales Durchhaltevermögen.« Sich auf den besonderen Stil des Orchesters einzustellen und die Balance zwischen Präzision und Spontanität im Zusammenspiel zu finden, waren für die Geigerin ebenfalls ein wichtiger Lernprozess. Als enorm bereichernd empfand sie, die musikalische Vielfalt ihrer Kolleginnen und Kollegen beim Spielen zu erleben. Ihr Fazit aus der Probezeit? »Ich habe mein Allgemeinwissen verbessert und die musikalische Sichtweise erweitert. Ich glaube, dass in dieser Zeit eine rundere und vollständigere Vorstellung von Musik bekommen habe.«

Harry Ward 

»Für mich ist es eine ganz große Ehre, von nun an ein richtiges Mitglied der Berliner Philharmoniker zu sein«, freut sich Harry Ward. Der Musiker spielt seit März 2023 in der Gruppe der ersten Violinen und hat nun seine Probezeit bestanden. Er kam damals direkt von der Karajan-Akademie, wo er Schüler des Ersten Konzertmeisters Noah Bendix-Balgley war, in das Orchester. Damit ging für den Geiger ein lang gehegter Traum in Erfüllung. Obwohl Harry Ward sozusagen am anderen Ende der Welt, in Sydney, aufgewachsen war, kannte und liebte er die Aufnahmen der Berliner Philharmoniker von Kindheit an. Weil sein Bruder bereits Geige spielte, wollte es ihm Harry Ward gleichtun und begann ebenfalls mit der Violine. Er studierte am Sydney Conservatorium of Music bei Peter Zhang und Alice Waten, an der Kunstuniversität Graz bei Boris Kuschnir, am Robert McDuffie Center for Strings bei David Halen und Amy Moretti sowie bei Robin Wilson an der Australian National Academy of Music. 

Die Ausbildung des Geigers wurde von verschiedenen Stipendien gefördert, beispielsweise vom Musica Viva Australia Futuremaker und dem Australian Elizabethan Theatre Trust. Wie hat er die Probezeit bei den Philharmonikern empfunden? »Es war eine große mentale Herausforderung. Ich wollte immer mein Bestes geben. Dadurch fühlte ich mich anfangs gestresst – bis ich entdeckte, dass ich den Stress auch positiv nutzen kann, als Anspannung, die mein Musizieren beflügelt«. Dank dieser Einstellung festigte Harry Ward sein Selbstvertrauen. Zu den schönsten Erlebnissen seiner Probezeit gehörte die Aufführung von Strauss‘ Elektra in Baden-Baden. Die Vorbereitung darauf verlangte ihm – weil die erste Geigengruppe geteilt war – viel ab. Doch bei dieser Produktion mitzuwirken zu können, beglückte ihn sehr. Jetzt freut er sich darauf, dass er die Arbeit noch mehr genießen kann. Zukünftig will er mehr Kammermusik spielen und mehr zeitgenössische Musik entdecken.

Eva Rabchevska 

Sie kann es noch immer kaum fassen. »Ich muss mich erst noch daran gewöhnen, dass ich jetzt offiziell Teil dieses Traumorchesters bin«, meint Eva Rabchevska. »Das wird noch eine Weile dauern, bis ich das realisiert habe.« Die aus der Ukraine stammende Geigerin ist erst seit Anfang des Jahres Mitglied der zweiten Violinen, hat aber so schnell überzeugt, dass ihre Probezeit bereits nach wenigen Monaten endete. Eva Rabchevska stand bereits als Achtjährige erstmals auf dem Konzertpodium – mit dem Kammerorchester ihrer Heimatstadt Lviv. Ihre Ausbildung führte sie nach Kiew zu Yaroslava Rivnyak und Jozef Kopelman in Bratislava, später zu Zakhar Bron an die Escuela Superior de Musica Reine Sofia in Madrid. Im April 2022 wechselte sie in die Klasse von Antje Weithaas an der Hochschule für Musik »Hanns Eisler« Berlin. Ein halbes Jahr zuvor war Eva Rabchevska zudem Stipendiatin der Karajan-Akademie geworden und sammelte dabei wichtige Orchestererfahrung. 

Als sie dann ihre Stelle bei den Berliner Philharmonikern bekam, empfand sie den Übergang von der lernenden Akademistin zur selbstverantwortlichen Orchesterkollegin als große Herausforderung. Von der Tatsache, dass sie zunächst nur »auf Probe« bei den Philharmonikern spielte, ließ sie sich nicht beirren. »Ich habe mich darauf konzentriert, mir selbst zu vertrauen.« Immerhin konnte sie ja schon auf zahlreiche solistische Auftritte mit Klangkörpern wie dem Symphonie-Orchester des Slowakischen Rundfunks, dem Kyiv Symphony Orchestra oder den Nationalorchestern Litauens und Belgiens zurückblicken. Außerdem hat die Geigerin zahlreiche Preise gewonnen, unter anderem zwei erste Preise beim Lipiński-Wieniawski Wettbewerb und beim Internationalen Violinwettbewerb Stuttgart. Neu hingegen waren die Aufgaben, die sie als Mitglied der zweiten Geigen erwartete: »Ich musste lernen, mich schnell anzupassen und meinen Platz im orchestralen Gesamtklang zu finden. Mal breiten wir als Gruppe einen passenden Klangteppich aus, mal unterstützen wir die ersten Geigen als zweite Stimme oder verbinden uns als Mittelstimmen mit den Bratschen. Ab und zu glänzen wir auch solistisch. Die Vielfalt unserer Aufgaben verlangt eine große Flexibilität.«