Bedřich Smetana gilt als Begründer der tschechischen Nationalmusik. Dabei war seine Muttersprache das Deutsche, während er sich das Tschechische mühsam erarbeiten musste. Dahinter steht eine Selbstfindung, in der sich die Geschichte seines Landes widerspiegelt.
»Mit Gottes Hilfe und Gnade bin ich einst in der Mechanik ein Liszt, in dem Componieren ein Mozart.« Diese Hoffnung notierte sich der junge Smetana, noch nicht zwanzig, in seinem Tagebuch. Er tat das auf Deutsch, und sein Vorname war Friedrich. Zwei Jahrzehnte später nannte er sich Bedřich und sprach leidlich Tschechisch, bei seinem Tod 1884 wurde er in ganz Böhmen als Nationalkomponist verehrt. So spiegelt sich in Smetanas Leben die Identitätsfindung seines Landes. Wie von ihm geplant, lernte er am Beispiel Liszts, in symphonischen Werken Geschichte und Geschichten zu erzählen.
Und wie Mozart vermochte er es, im Gewand lächelnden Frohsinns tiefernste Gedanken zu vertonen – zum Beispiel in seiner Oper Die verkaufte Braut. Aus Ostböhmen stammend, ersehnte er 1848 einen Erfolg des Prager Pfingstaufstands gegen das Habsburgerreich. Doch aus der böhmisch-mährischen Unabhängigkeit wurde vorerst nichts, woraufhin Smetana für fünf Jahre nach Göteborg ging. Als Wien um 1860 die Zügel wieder lockerte, sah er seine Chance, sich zu Hause als Dirigent und Publizist für eine tschechische Nationalmusik einzusetzen. Doch es gab auch Gegenwind im multinationalen Kulturleben zwischen Tschechen, Deutschen und Juden, und selbst innerhalb der böhmischen Strömung stritt man um den richtigen Stil.
Smetanas Opern Dalibor (1868) und Libuše (1881) wurden einerseits als Verherrlichung der nationalen Historie gefeiert, andererseits – zu Unrecht – als Wagner-infiziert geschmäht. Auch privat erlitt er Schicksalsschläge: Den Tod seiner Tochter 1855 verarbeitete er in einem Klaviertrio, 1859 starb seine erste Frau, 1874 verlor er sein Gehör, verbunden mit einem starken Tinnitus. Diese Katastrophe klingt in seinem ersten Streichquartett Aus meinem Leben nach. Den nervtötenden Störgeräuschen in seinem Inneren trotzte er weitere Kompositionen ab: den Zyklus Má vlast (Mein Vaterland), drei weitere Opern, sein radikal expressives Zweites Streichquartett. Er starb umnachtet in einer Nervenheilanstalt. Dass Die verkaufte Braut Jahre nach der Uraufführung noch ein Welterfolg wurde, erlebte er nicht mehr.
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