Autor*in: Nicole Restle
ca. 2 Minuten

Zwei klavierspielende Hände
Bild: Stefan Höderath

Seine Funktion war ursprünglich ein Auftakt, eine Vorbereitung auf Größeres. Das verdeutlicht schon der Name: »Präludium« kommt vom Lateinischen »prae« (vorher) und »ludere« (spielen). Im 15. Jahrhundert tauchte der Begriff erstmals in der Orgel-, Klavier- und Lautenmusik auf – als Eröffnung für weitere musikalische Darbietungen. Später emanzipierte sich das Präludium und konnte auch als eigenständiges Musikstück auftreten. Das Präludium folgte keinem festen formalen Schema. Vielmehr ließ es den Spielenden alle Freiheiten, ihrer Fantasie und Virtuosität freien Lauf zu lassen

Ein ungleiches Paar 

Ursprünglich aus der Praxis der Improvisation kommend, wurde das Präludium im Laufe der Zeit kompositorisch immer anspruchsvoller. Seine Blütezeit erlebte es im 18. Jahrhundert, oft als Eröffnungsstück für die damals so beliebte Suite, einer Folge von Tanzsätzen. Außerdem entwickelte es sich zum spielerischen Gegenstück der strengen, kontrapunktischen Fuge. Als Paar »Präludium und Fuge« prägten damals zwei ganz gegensätzliche Satztypen die barocke Tastenmusik. Vor allem Johann Sebastian Bach schuf mit seinem Wohltemperierten Klavier, in dem er das Satzpaar »Präludium und Fuge« durch sämtliche Dur- und Molltonarten schickt, einen bis heute wegweisenden Zyklus. 

Auch einzeln stark 

Im 19. und 20. Jahrhundert entwickelten sich Präludien zu eigenständigen Stücken, die nicht zwangsläufig in Verbindung mit einer Fuge oder einem anderen Werk stehen müssen. Komponisten wie Frédéric Chopin, Alexander Skrjabin, Claude Debussy, Sergej Rachmaninow oder Dmitri Schostakowitsch verwandelten das Präludium in Charakterstücke. Diese fordern von den Pianist*innen nicht nur eine virtuose Technik, sondern auch die Fähigkeit, spezielle Stimmungen und Emotionen herauszuarbeiten.