In dieser Serie stellen wir Berliner Philharmoniker und ihre außermusikalischen Leidenschaften vor. Heute: Der Bratscher Martin von der Nahmer, der den Kochlöffel schwingt.
»Wenn alle Künste untergehen, die holde Kochkunst bleibt bestehen«, prophezeite der englische Dichter George Meredith. Gott sei Dank wurde diese Vorhersage noch nicht auf den Prüfstand gestellt. Dass es sich beim Kochen aber um eine echte Kunst handelt, davon ist auch Martin von der Nahmer rundum überzeugt. Seit gut zehn Jahren beschäftigt sich der Bratscher der Berliner Philharmoniker intensiv mit der Kunst der Zubereitung von Speisen. Das klingt abstrakt, ist für Martin von der Nahmer aber ein nahezu sinnlicher Vorgang.
»Kochen hat etwas Meditatives«, erläutert der 45-Jährige, »man bekommt dabei wunderbar den Kopf frei.« Er liebt es, für Freunde zu kochen, sich Gerichte zu überlegen und deren Abfolge zu planen. »Im Gegensatz zu meiner Frau, die in der Küche gern improvisiert, koche ich meistens nach einem Rezeptbuch«, gesteht er lächelnd. Derzeit haben es ihm die Gerichte von Yotam Ottolenghi angetan. Der wuchs als Sohn eines Italieners und einer Deutschen in Jerusalem auf und ging 1997 nach London, wo er die berühmte Kochschule Le Cordon Bleu absolvierte. Was ist das Besondere an Ottolenghis Gerichten? Martin von der Nahmer denkt nach. »Er beherrscht das Spiel mit den Aromen einfach perfekt«, erklärt der Bratscher. Darüber hinaus habe er spannende fleischlose Gerichte kreiert und der vegetarischen Küche ein Stuck weit zum Durchbruch verholfen.
Wir fuhren das Gespräch in der Kantine der Philharmonie Berlin. Es ist Essenszeit und es duftet nach Altberliner Schweinebraten mit Rotkohl und Klößen. »Auch die gutbürgerliche Küche kann raffiniert sein«, so der gebürtige Wuppertaler, der seit 2004 Mitglied der philharmonischen Bratschengruppe ist. »Ich bin eigentlich offen für alles, sofern es mit Hingabe und mit guten Zutaten zubereitet wird.«
Gibt es etwas, das er partout nicht mag? »In Japan habe ich einmal Qualle gegessen. Das war nichts für mich, insbesondere die Konsistenz war gewöhnungsbedürftig.« Doch das war glücklicherweise nur eine Ausnahme, denn eigentlich liegt ihm die japanische Küche sehr. Martin von der Nahmer schmunzelt: »Aber ich war zu der Qualle eingeladen worden und wollte auch nicht unhöflich sein. So habe ich meinen Teller eben aufgegessen.«
Am Ende unseres Gesprächs bitte ich Martin von der Nahmer um zwei oder drei Restaurantempfehlungen. »Die Berliner Restaurantszene ist sehr vielfältig und hat unglaublich viel zu bieten«, erklärt er. »Das Restaurant eins44 Kantine Neukölln gefallt mir sehr gut. Ganz hervorragend ist das Horvath in Kreuzberg, das mittlerweile zu den kulinarischen Klassikern der Stadt gehört. Und in der Skykitchen an der Landsberger Allee speist man nicht nur vorzüglich, sondern hat aus dem 12. Stock auch einen grandiosen Blick über Berlin.«
Die Pause ist beendet und die Musiker werden auf die Bühne zurückgerufen. Ob sein Beruf und sein Hobby Gemeinsamkeiten aufweisen, möchte ich zuletzt noch wissen. Das Kochen in einem Sternerestaurant und das Spielen in einem Spitzenorchester waren in der Tat in einer gewissen Weise vergleichbar, kommentiert Martin von der Nahmer. »Es geht in beiden Fällen um Perfektion – um den perfekten Klang und um den perfekten Geschmack.«
Martin von der Nahmer
Kurzporträt des Bratschers der Berliner Philharmoniker
Jesper Busk Sørensen: Wenn ich nicht Musiker wäre ...
Posaunist Jesper Busk Sørensen hat ein gutes Auge für Details.
Bruno Delepelaire: Wenn ich nicht Musiker wäre...
Cellist Bruno Delepelaire hätte sich alternativ zu seiner musikalischen Laufbahn auch ein Berufsleben unter Mauerseglern und Kranichen vorstellen können.