Autor*in: Nicole Restle
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Richard Strauss, fotografiert von Rudolph Dührkoop (1848-1918) | Bild: Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek / Dietmar Katz CC BY-NC-SA 4.0

Die Beziehung zwischen Richard Strauss und den Berliner Philharmonikern begann bereits einige Jahre, bevor der Komponist zum ersten Mal am 23. Januar 1888 am Pult des Orchesters stand, um seine Tondichtung In Italien zu dirigieren. Den Winter 1883/1884 verbrachte der damals 19-Jährige in Berlin, um jenes Netzwerk zu knüpfen, das den Grundstein zu seiner phänomenalen Karriere als Komponist und Dirigent legte. 

Er machte u.a. die Bekanntschaft mit Hans von Bülow, dem damaligen Chef der Meininger Hofkapelle, und dem Konzertagenten Hermann Wolff. Erster wurde sein Mentor, letzterer versorgte ihn – wie Strauss dem Vater berichtet – »mit Konzertbillets und kann auch Kompositionen von mir aufführen lassen, was er auch, wie ich glaube, will.«

Dank der Wolffschen Tickets besuchte Strauss regelmäßig die Konzerte des Berliner Philharmonischen Orchesters, das damals gerade seine zweite Konzertsaison bestritt. Es hinterließ bei dem jungen Komponisten keinen guten Eindruck: »Das Orchester ist gar nicht besonders [...]. Das Zusammenspiel war ziemlich schlecht«, heißt es in einem Brief an den Vater. Vier Jahre später hat sich die Situation komplett gewandelt. Da ist das Philharmonische Orchester für Strauss das »intelligenteste, famoseste und frischeste Orchester, das ich kenne.«

Schützling von Bülow und Wolff

Zu diesem Zeitpunkt war Hans von Bülow bereits einige Monate musikalischer Chef der wolffschen Abonnementkonzerte, der den vielversprechenden jungen Mann nach Kräften förderte. Nicht allein dass er dessen Tondichtungen aufs Programm der philharmonischen Konzerte setzte, er lud seinen Schützling auch immer wieder ein, die eigenen Werke zu dirigieren. 

Ein komplettes philharmonisches Konzertprogramm dirigierte Strauss allerdings erst, nachdem Bülow die Abonnementkonzerte aus gesundheitlichen Gründen abgegeben hatte und Wolff händeringend nach einem Nachfolger für den ebenso eigenwilligen wie glamourösen Dirigenten suchte. Mehrere Kandidaten standen zur Disposition. Strauss sprang am 29. Januar 1894 für den erkrankten Ernst Schuch ein, gleichzeitig erhielt er von Wolff das Angebot, in der kommenden Saison die künstlerische Leitung der Abonnementkonzerte zu übernehmen.

Allerdings erfüllte Strauss nicht die Erwartungen Wolffs, seine Konzerte »zündeten« nicht so wie gehofft. Das Konzertpublikum, das zu Bülow strömte, kam spärlicher, die Einnahmen gingen zurück, Wolff, ganz als Geschäftsmann denkend, trennte sich von Strauss – nicht zuletzt auch wegen dessen überzogenen Honorarforderungen. Dessen Karriere ging trotzdem steil bergauf und auch dem Berliner Philharmonischen Orchester blieb er weiterhin verbunden, wenngleich er ab 1898 als Erster Kapellmeister der Berliner Hofoper, später als deren Generalmusikdirektor der »Konkurrenz« diente.

Ein immer wiederkehrender Gast

Waren es zunächst die Konzerte des Wagner-Vereins Berlin sowie 1908 eine höchst erfolgreiche Konzerttournee nach Frankreich, Spanien und Portugal, die ihn an das Pult der Philharmoniker zurückkehren ließen, dirigierte er zwischen 1915 und 1918 vor allem Benefizkonzerte zu Gunsten der Kriegsopfer. Danach wurden seine Auftritte seltener: 1921, 1924 und dann erst wieder im März 1933 als Ersatz für Bruno Walter, dem das Propagandaministerium des neu etablierten nationalsozialistischen Regimes kurzfristig untersagt hatte zu dirigieren. 

Ob Richard Strauss auf Druck der neuen Machthaber, oder auf Bitten des Orchesters, das die Einnahmen des Konzerts dringend benötigte, für Walter einsprang, konnte, wie Misha Aster in seinem Buch Das Reichsorchester ausführt, trotz zahlreicher historischer Studien bis heute nicht eindeutig geklärt werden. Strauss überließ sein Honorar dem Orchester.

Gleichwohl zeugen dieses, wie auch die folgenden Konzerte – die musikalischen Eröffnungsfeierlichkeiten zur Reichmusikkammer und den Olympischen Spielen sowie das Konzert für die Organisation »Kraft durch Freude« – wie sehr sich Strauss in den folgenden Jahren in die Versuchungen und Zwänge des nationalsozialistischen Regimes verstrickte. Am 16. und 17. April 1939, im Jahr seines 75. Geburtstags, dirigierte er zum letzten Mal die Berliner Philharmoniker. Die symphonischen Werke von Richard Strauss gehören seit der Aufführung seiner Symphonie Nr. 2 im Februar 1887 zum Kernrepertoire des Orchesters.