»Die Planeten« von Gustav Holst

Seit jeher blickt die Menschheit fasziniert in die Sterne – auch Gustav Holst konnte sich ihrem Bann nicht entziehen. Der englische Komponist fand in der Astrologie eine Quelle künstlerischer Inspiration, insbesondere die zugeschriebenen Charakteristika der Planeten und ihr Einfluss auf die jeweiligen Sternzeichen fesselten ihn. In seinem wohl bekanntesten Werk »Die Planeten« vertonte er diese astrologischen Eigenschaften von sieben Himmelskörpern unseres Sonnensystems. Eine planetarische Charakterstudie, die zugleich menschliche Wesenszüge in Klang fasst. Ein Steckbrief

Mars: Der Kriegsbringer

Als Herrscherplanet über das erste Sternzeichen Widder steht der Mars für Mut, Willenskraft und Ausdauer, aber auch Aggression und Zerstörung. Entsprechend energisch lässt Holst seine Suite eröffnen: Maschinelle Rhythmen erinnern an einen unaufhaltsamen Kriegsmarsch, der sich mit wenigen Unterbrechungen unerbittlich durch den Satz zieht. Harsche Bläserfanfaren, donnernde Pauken und schneidende Streicher formen einen martialischen Klang und vermitteln ein zerstörerisches Chaos.

Venus: Die Friedensbringerin

Auf Krieg folgt Frieden. Venus, die Herrscherin über die Sternzeichen Stier und Waage, symbolisiert Harmonie, Sinnlichkeit und Versöhnung. Holsts musikalisches Porträt der Venus ist von Sanftheit geprägt. Flöten, Hörner und Streicher verschmelzen mit zarten Klängen der Harfe und der schimmernden Celesta zu einer lyrischen Melodie, die eine ätherische Ruhe ausstrahlt.

Merkur: Der geflügelte Bote

Flink, schlau, beweglich – Merkur wird mit Agilität, Kommunikation und Scharfsinn verbunden. In Holsts Suite zeigt sich der Herrscher über Zwillinge und Jungfrau als ein Scherzo voller Schalk und Geschick. Flirrende Melodien werden von flitzenden Streichern und lebendigen Holzbläsern getragen, die in wechselnden Taktarten eine flüchtige, unstete Dynamik erzeugen. Der kürzeste der sieben Sätze verkörpert die Beweglichkeit des Himmelsboten, der als geflügelter Wirbelwind ununterbrochen Nachrichten überbringt.

Jupiter: Der Bringer der Fröhlichkeit

Mit strahlenden Bläsern lässt Holst Jupiter als Ode an die Lebenslust erklingen. Majestätische Fanfarenmotive wechseln sich mit tanzenden, volkstümlichen Themen ab, die an einen ausgelassenen Walzer erinnern. Der heitere, optimistische Charakter des Herrscherplaneten über das Sternzeichen Schütze wird durch die heiteren Klänge von Glockenspiel und Tamburin unterstrichen.

Saturn: Der Bringer des Alters

Dem Planeten mit den charakterischen Ringen ist der vielleicht tiefgründigste Satz der Suite gewidmet. Astrologisch symbolisiert der Herrscher über den Steinbock Disziplin, Geduld und Vergänglichkeit. In schleppenden Rhythmen spiegelt sich das Ticken einer Uhr; auch kommende, schwerfällige Schritte kann man darin hören. Tiefe Blasinstrumente, Glockenschläge und Kontrabässe schaffen eine Atmosphäre von Nachdenklichkeit und Melancholie. Aus dieser trostlosen Klangwelt erhebt sich schließlich eine erhabene, versöhnliche Harmonie – ein musikalischer Ausdruck von Akzeptanz?

Uranus: Der Magier

Assoziiert mit Erneuerung, Umbrüchen und Ideenreichtum, gleicht Uranus einem Spiel mit dem Unvorhersehbaren. In sprunghafter Manier verbindet Holst in diesem Satz Elemente eines Scherzos mit marschierenden Passagen, wobei sich kraftvolle Bläser und Pauken mit geheimnisvollen, perkussiven Akzenten von Xylophonen abwechseln. Die atmosphärische Mischung aus Hexentanz und Zirkusgroteske bringt Spannung und Exzentrik in die Suite.

Neptun: Der Mystiker

Ein sphärisches Finale: Neptun, Herrscher der Fische, steht für Spiritualität und Intuition. Holst gestaltet den letzten Satz seiner Suite in dichten, schwebenden Harmonien, die in sanften Bewegungen zu einer schillernden Klangfläche verschmelzen. Ein markantes Motiv fehlt, stattdessen wird die entrückte Atmosphäre zur Mitte des Satzes von einem Frauenchor ergänzt: Hinter der Bühne stehend und für das Publikum unsichtbar, wird ein wortloses Lied gesungen.