In dieser Rubrik stellen wir Berliner Philharmoniker und ihre außermusikalischen Leidenschaften vor. Heute: Schlagzeuger Raphael Haeger, der bereits als Kind hoch hinauswollte.
»Die Dolomiten sind die schönsten Bauwerke der Welt«, schwärmte Reinhold Messner in einem Interview. Raphael Haeger weiß, wovon Messner spricht. »Mein Vater war ein passionierter Bergsteiger und hat mich bereits als Zehnjährigen auf Bergtouren mitgenommen«, erinnert er sich. Nahezu jeden Sommerurlaub habe die Familie auf allen möglichen Zeltplätzen in den Dolomiten verbracht. Seither war er von den bizarren Berg- und spektakulären Felsformationen in den südlichen Kalkalpen fasziniert.
Doch dann kam ihm irgendwann die Musik in die Quere und das Bergsteigen geriet ins Hintertreffen. Raphael Haeger erhielt Klavier- und Schlagzeugunterricht, studierte an der Staatlichen Hochschule für Musik Trossingen und wurde Schlagzeuger im Orchester des Nationaltheaters Mannheim. 2004 wechselte er schließlich zu den Berliner Philharmonikern.
Vor etwa zehn Jahren erwachte dann seine alte Leidenschaft zu neuem Leben. Das Klettern in alpiner Landschaft ist für Raphael Haeger aber viel mehr als ein Sport. Beim Alpinismus geht es um ein großes metaphysisches Erlebnis, um das Erfahren von Natur in ihren verschiedenen Daseinsformen.
»Grundvoraussetzung für das Klettern an hohen Wänden ist eine besondere Form der Wachheit«, erklärt er. Diese Wachheit sei gewissermaßen überlebensnotwendig, denn jede Unachtsamkeit könne verhängnisvolle Folgen nach sich ziehen. Darüber hinaus müsse man auch eine gute Orientierung besitzen, Kenntnisse in Wetter- und Materialkunde aufweisen und über eine gute Kondition verfügen. »Im Idealfall wird man eins mit den Felsen«, so der 50-Jährige, »und erfährt das ›in-der-Wand-sein‹ als elementare Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper.«
Ist er schon einmal in eine brenzlige Situation geraten? Raphael Haeger schüttelt den Kopf. »Ein Steinschlag ist aber immer möglich«, erläutert er, »trotz aller Vorsichtsmaßnahmen lassen sich Risiken nie ganz ausschließen.«
Für Raphael Haeger ist das Klettern die ideale Ergänzung zu seiner Tätigkeit im Orchester. Man sei dadurch nämlich in der Lage, sein Selbstvertrauen enorm zu vergrößern. »Klettern verlangt äußerste Aufmerksamkeit. Man muss lernen, sich auf den Punkt zu konzentrieren. Und das gilt auch für Schlagzeuger. Gute Alpinisten und gute Schlagzeuger müssen starke Nerven haben.«
Unser Gespräch findet in einer Woche statt, in der die Berliner Philharmoniker Gustav Mahlers Dritte Symphonie unter der Leitung von Zubin Mehta aufführen werden. Ein tönendes Abbild der Natur wollte Mahler mit diesem Monumentalwerk erschaffen. »Pan erwacht. Der Sommer marschiert ein«, lautet eine Beschreibung, »Was mir die Tiere im Walde erzählen« oder »Was mir die Blumen, der Mensch, die Engel oder auch die Liebe erzählen« eine andere.
»Wenn man die Dolomiten kennt«, gesteht Raphael Haeger lächelnd, »hört man Mahlers Musik mit ganz neuen Ohren.« Kein Wunder, denn Mahler hat von 1908 bis 1910 die Sommerfrische in Toblach im Südtiroler Pustertal verbracht. Die kleine Gemeinde ist berühmt für ihre Dolomiten-Gipfel, darunter die 2999 Meter hohen Drei Zinnen.
»Eine absolute Traumgegend«, schwärmt Raphael Haeger am Ende der Unterhaltung. In Gustav Mahlers Worten klingt das so: »Toblach, hier ist es wunderherrlich und repariert ganz sicher Leib und Seele …«
Raphael Haeger: Wenn ich nicht Musiker wäre
Schlagzeuger Raphael Haeger wollte schon als Kind hoch hinaus.
Jonathan Kelly: Wenn ich nicht Musiker wäre
Der Solooboist hat einen grünen Daumen.
Martin Heinze: Wenn ich nicht Musiker wäre …
In dieser Rubrik stellen wir Berliner Philharmoniker und ihre außermusikalischen Leidenschaften vor. Heute: Kontrabassist Martin Heinze, der gerne über den Dingen schwebt.