Entstehungszeit: 1909
Uraufführung: 3. September 1912 in der Londoner Queen’s Hall,
Dirigent: Sir Henry Wood
Dauer: 20 Minuten
Bei den Berliner Philharmonikern:
erstmals am 11. Dezember 1922 in der Fassung von
1922, Dirigent: Wilhelm Furtwängler
In seiner Komponistenkarriere durchlief der 1874 in Wien geborene Arnold Schönberg gleich mehrere stilistische Phasen: Er startete als Spätromantiker, orientierte sich vor allem an den Tondichtungen von Richard Strauss, emanzipierte sich dann aber von seinem Vorbild, stieß bis an die Grenzen der Dur-Moll-Harmonik vor und brach schließlich ganz mit den Gesetzen der traditionellen Tonkunst. Bevor er letztlich sein eigenes System entwickelte – die Dodekaphonie, bei der alle zwölf Töne der chromatischen Skala gleichberechtigt nebeneinanderstehen. 1909 schrieb er die Fünf Orchesterstücke in freier Atonalität.
Ist Emotion möglich, auch ohne das althergebrachte Vokabular der vertrauten Tonsprache? So lautete die Frage, die sich der Komponist zur Zeit der Komposition seiner Fünf Orchesterstücke stellte. Denn er wollte keine abstrakte Musik schreiben, sondern ausdrucksvolle – nur eben jenseits der Regeln. Im Eröffnungssatz herrscht sofort Anspannung, ja Aggressivität, das offene Ende macht ratlos. Zart und filigran gearbeitet ist dagegen das zweite Stück, geradezu impressionistisch. Neblig wirkt die Nummer drei: Die einzige Bewegung besteht hier in den schleichenden Klangfarbenveränderungen. Als Scherzo angelegt scheint das vierte Stück, rasch im Tempo, angriffslustig in der klanglichen Ausgestaltung. Im Finale geht es spürbar vorwärts – was da aber vor sich geht, bleibt unerklärlich. Hören wir die Stimmen des Unterbewusstseins?
Nachdem Schönberg seinem Verleger die Orchesterstücke übergeben hatte, drängte der auf programmatische Überschriften. Widerwillig bot Schönberg an: 1. Vorgefühle, 2. Vergangenes, 3. Farben, 4. Peripetie, 5. Das obligate Rezitativ. Das allerdings erschien dem Verleger so wenig verkaufsfördernd, dass die Erstausgabe dann doch ohne Zwischentitel gedruckt wurde.
Die Uraufführung fand am 3. September 1912 in London statt, bei den später so berühmten Proms; der Gründer des Festivals, Sir Henry Wood, leitete das Queen’s Hall Orchestra. Anschließend berichtete die Zeitung The Nation: »Selten zischt das englische Publikum die Musik aus, die ihm nicht gefällt; ein gutes Drittel der Leute erlaubte sich hier diesen Luxus, ein weiteres Drittel zischte nicht, weil es stattdessen lachte, und das restliche Drittel schien zu verwirrt, um zu lachen oder zu zischen …«
Ein Mann aber saß inmitten der aufgebrachten Menge, tief bewegt: Gustav Holst. Er beschloss, ebenfalls eine derart überwältigende Musik zu komponieren. »Sieben Stücke für Orchester« lautete der Arbeitstitel des Werks, das er bald in Angriff nahm. Später entschied er sich noch einmal um – und nannte die Partitur Die Planeten.