Autor*in: Harald Hodeige

Uraufführung: 7. Juni 1945 konzertant im Moskauer Konservatorium, Dirigent: Samuil Samossud; erste vollständige Aufführung am 8. November 1957 im Stanislawski- und Nemirowitsch-Dantschenko-Musiktheater in Moskau, Dirigent: Alexander Sharverdov
Dauer: 5 Minuten

Es war ein Stoff, der Sergej Prokofjew im Frühjahr 1941 vor angesichts von Nazi-Invasion und »Großem Vaterländischen Krieg« für eine patriotisch-sowjetische Oper perfekt erschien: Tolstois epischer Roman Krieg und Frieden, der vor dem Hintergrund der russisch-napoleonischen Kriege zwischen Empfängen, Duellen, Theatervorstellungen und weihnachtlichen Schlittenfahrten die Geschichte der russischen Adelsfamilien Rostow, Bolkonski und Besuchow erzählt. Aus der komplexen Romanhandlung ein stimmiges Libretto zu entwerfen, war erwartungsgemäß kaum möglich, weshalb es Prokofjew gar nicht erst versucht hat. Stattdessen entwarf er dreizehn »lyrische Szenen« – der Roman war dem russischen Publikum ohnehin vertraut. Heraus kam ein überaus aufwendiges und opulentes Werk, an dem der Komponist mehr als ein Jahrzehnt lang arbeiten sollte und das am Ende in nicht weniger als fünf unterschiedliche Versionen vorlag. Doch welcher Fassung man auch den Vorzug gibt, das Ergebnis konnte sich sehen lassen: Prokofjew setzte die privaten Verwicklungen vor historischem Hintergrundfolie einfach brillant in Musik – mit leidenschaftlichen Ariosi, aristokratischen Walzern, düster-dissonanten Kampfszenen und mitreißenden Chören von Verzweiflung und Siegesgewissheit. Eingeleitet wird das Werk von einer kurzen, dramatischen Ouvertüre, in der trotz aller Heroik zwischen den Notenzeilen auch die bittere Realität des Krieges anklingt.